Iss deine Ballaststoffe!?

von | Sep. 4, 2024 | Darm, Darmgesundheit, Ernährung, Gesundheit, Nährstoffe, Therapie | 0 Kommentare

Wenn es um das Thema Ballaststoffe geht, gibt es nur eine richtige Antwort. In den letzten Jahren wurde auf einmal alles als „Ballaststoffreich“ deklariert, Gesundheitsbewusste Menschen setzen jetzt auf Vollkorn. Ballaststoffe gelten als gesund und wichtig, lange Zeit wurde ihnen kaum Beachtung geschenkt, aber das hat sich jetzt geändert. Jeder empfiehlt sie und wenn das „jeder“ tut muss es gut sein!

Um was geht's?

Ballaststoffe sind Kohlenhydratpolymere, die von unserem Verdauungssystem weder verdaut noch resorbiert werden können. Sie haben Namen wie: Cellulose, Inulin, Pektin oder Beta-Glucan und kommen hauptsächlich in pflanzlichen Lebensmitteln vor, als Ballaststoffquellen gelten z.B. Vollkorn, Hülsenfrüchte, Gemüse und Obst. Ballaststoffe werden in wasserlösliche und – unlösliche eingeteilt. Einige Ballaststoffe, wie z.B. Flohsamenschalen, können sehr viel Wasser binden und ihr Volumen enorm vergrößern.

Im Magen führt dieser Effekt zu einer Magendehnung und Senkung des Ghrelin-Spiegels, die Magenverweildauer wird erhöht, da eine gewisse Viskosität vorhanden sein muss, um den Nahrungsbrei weiter zu transportieren. Im Darm, wird durch den Druck des Volumens, die Peristaltik angeregt.

Ein Teil der wasserlöslichen Ballaststoffe wird im Darm durch Bakterien des Mikrobioms fermentiert. Abhängig von der Art der Ballaststoffe, entstehen durch diesen Prozess Gase, sowie kurzkettige Fettsäuren wie Acetat, Propionat und Butyrat, diese tragen zur Ernährung der Schleimhautzellen bei. Besonders in der Darmtherapie wird auf Ballaststoffe gesetzt, sie sollen als Nährstoffe für unsere guten Darmbakterien- als „Präbiotika“, unser Mikrobiom verbessern und unsere Verdauung unterstützen.

Ballaststoffe für den perfekten Stuhlgang

Bei Reizdarm, Dünndarmfehlbesiedlung, Dysbiose oder anderen Darmerkrankungen wird auf Akazienfasern, Flohsamenschalen und Leinsamen gesetzt. Auch laut Studien haben Ballaststoffe eine Vielzahl positiver Auswirkungen auf unsere Gesundheit und unsere Verdauung. Unlösliche Ballaststoffe erhöhen die Peristaltik und resorbieren Wasser. Sie sollen präventiv und regulierend bei Hämorrhoiden und Divertikel-Erkrankungen wirken und das Risiko der Kolorektalen Krebsentstehung reduzieren. Lösliche Ballaststoffe binden an Cholesterol-Moleküle im Dünndarm und vermindern deren Aufnahme, diese Cholesterol-vermindernde Wirkung soll zudem präventiv gegen Koronare Herzerkrankungen wirken. Dabei ist aber zu bedenken, dass Koronare Herzerkrankungen, über multimodale Faktoren begünstigt werden und eine Prävention nicht ausschließlich über die Gabe von Ballaststoffen funktionieren kann.

Ballaststoffe verlangsamen die Verdauung von Kohlenhydraten und stabilisieren so Postprandiale Glukoselevel. Durch die Volumenerhöhung und die erhöhte Verweildauer im Darm, verbessern sie die Sättigung und können so eine Gewichtsreduktion unterstützen. Diese Effekte müssen aber nicht immer von Vorteil sein, dazu später mehr.

Ballaststoffe werden mit einer niedrigeren Prävalenz von Diabetes, Koronaren Herzerkrankungen, Herzinfarkten und einer verbesserten Immunfunktion in Verbindung gebracht. Einige lösliche Ballaststoffe, wie z.B. Pektin haben zusätzlich Antioxidative Eigenschaften[1].

Ballaststoffe sind also ziemlich sinnvoll und sollten in einer gesunden Ernährung auf keinen Fall fehlen!

Deborah Rittwagen, Glutenfrei, Brotnation

Je mehr desto besser

 

Kleine Anekdote aus einer vergangenen Darmfortbildung bei einem renommierten Institut:  Ich stellte die Frage ob es auch ein „zu viel“ an Ballaststoffen geben könnte, die Antwort war pauschal: „Nein, je mehr desto besser!“

Die Datenlage[2] zeigt allerdings, dass man mit vollständigem Verzicht auf Ballaststoffe, viele Darmprobleme innerhalb von 2 Wochen drastisch verbessern kann. In einer Studie von 2012 wurden 63 Patienten mit idiopathischem Reizdarm, für zwei Wochen auf eine Ballaststofffreie Diät gesetzt, danach sollten sie die Ballaststoffaufnahme so reduzieren, dass sie es selbst als akzeptabel empfanden. Reizdarm-Symptome, wie Verstopfung, Anale Blutungen, Blähungen und Bauchschmerzen wurden dann 1 bis 6 Monate lang aufgezeichnet. Es gab drei Gruppen, eine mit Ballaststoffreicher Ernährung, eine Gruppe mit weniger Ballaststoffen und eine komplett ohne die Aufnahme von Ballaststoffen. Die Gruppe ohne Ballaststoffe konnte, im Gegensatz zu den anderen beiden Gruppen keine Symptome mehr aufweisen.

Da der Stuhlgang erst im Sigmoid geformt wird, macht es laut den Autoren der Studie, keinen Sinn, den Verdauungstrakt mit noch mehr Volumen zu füllen, wenn bereits Verstopfungssymptome und Schwierigkeiten mit der Defäkation bestehen. Die Studie zeigte, dass der Verzicht auf Ballaststoffe im akuten Fall, alle Symptome eines klassischen Reizdarmes beseitigen konnte.

Was denn jetzt?

Es stimmt schon – wir benötigen Präbiotika, vor allem für die Produktion von kurzkettigen Fettsäuren, benötigen Darmbakterien Nährstoffe z.B. in Form von Beta-Glucan, aber unser Körper mag keine Extreme! Zu viele Ballaststoffe wirken „belastend“ die Verdauung wird wieder träge, der Stuhl kann nicht abgeführt werden und der Nahrungsbrei bleibt viel zu lange im Darm. Oft kommt es zu einer vermehrten Gasbildung.

In einer ausgewogenen Ernährung, bei einem gesunden Erwachsenen, sind Obst, etwas Gemüse, und etwas Haferflocken durchaus von Vorteil. Bei akuten Darmbeschwerden, kann über einen Verzicht auf Ballaststoffe eine schnelle Symptomlinderung erzielt werden. Danach kann die Ballaststoffzufuhr langsam, bis zur individuellen Verträglichkeit, erhöht werden.

Trotzdem ist eine genaue Befundung bei Darmbeschwerden unabdingbar um bösartige Erkrankungen auszuschließen und individuell auf Symptome eingehen zu können. Außerdem – und das wird häufig übersehen – sollte bei einem Reizdarm auch eine Dünndarmfehlbesiedlung ausgeschlossen werden, hier führen Ballaststoffe zu den klassischen Symptomen: Blähungen, aufgeblähter Bauch und veränderter Stuhlgang.

Hört sich alles so einfach an, ist es aber oft nicht!

Disclaimer

Dieser Artikel dient nur zu Informationszwecken und ersetzt keine Therapie durch einen Arzt oder Heilpraktiker.

Wenn du selber unter Darm- und Verdauungsbeschwerden leidest, dir unsicher bist wie du deine Symptome in den Griff bekommen kannst, melde dich gerne für eine Individuelle Beratung und Behandlung in meiner Praxis.

Ballaststoffe

Ballaststoffe sind wichtig! Allerdings gibt es Fälle, bei denen eine zeitweise Reduktion der Ballaststoffmenge hilfreich sein kann.

Deborah Rittwagen

Quellen:
[1] Akbar A, Shreenath AP. High Fiber Diet. [Updated 2022 May 8]. In: StatPearls [Internet]. Treasure Island (FL): StatPearls Publishing; 2022 Jan-. Available from: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK559033/

[1] Ho, Kok-Sun et al. “Stopping or reducing dietary fiber intake reduces constipation and its associated symptoms.” World journal of gastroenterology vol. 18,33 (2012): 4593-6. doi:10.3748/wjg.v18.i33.4593

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